Sam und Jonathan sind zwei glücklose und etwas kummervolle Vertreter für Scherzartikel. Als Handlungsreisende sind sie in wichtiger Mission unterwegs: sie wollen helfen, Spaß zu haben. Da die Welt voller Enttäuschungen und eine seltsam einsame Angelegenheit ist, haben sie sich auf die Klassiker unter den Kuriositäten spezialisiert: Vampirzähne, Lachsack und eine groteske Monstermaske. Weil das Verkaufen eine gräßliche Angelegenheit ist, tun sich Sam und Jonathan oft schwer, die Ware mit dem nötigen Schwung unters Volk zu bringen und sind sich äußerst uneinig, welche Präsentationsstrategie die richtige ist. Denn Freude zu verbreiten in einer sonst fahlen Welt ist schwer. Doch Verkaufen müssen sie den Spaß, denn das kabbelnde Verkäuferduo ist furchtbar pleite. Mit der Träne im Gesicht und dem Lachsack im Vertreterkoffer gehen sie auf eine phantastische Reise durch Räume der Geschichte und finden sich in phantasmagorischen Erinnerungen wieder – an verliebte Könige, getauschte Küsse und fröhlich gurrende Tauben.
Der Gewinner des Goldenen Löwen von Venedig schickt uns auf eine märchenhafte Irrfahrt durch Menschliches und Allzumenschliches. Es ist eine Reise in grandiosen Sketchen, die die Schönheit eines einzelnen Moments offenbaren, aber auch die Verlorenheit anderer, den Humor und die Tragik, die in uns wohnen, die ganze Pracht des Lebens und die unvermeidliche Schwäche der Menschen. Mit einem Humor zwischen Loriot und Samuel Beckett beschenkt uns der schwedische Meisterregisseur Roy Andersson mit einem wahrhaft einzigartigen Kinoerlebnis, wie man es noch nie gesehen hat.
Roy Andersson wurde 1943 im schwedischen Göteborg geboren. 1969 schloss er sein Studium am Schwedischen Filminstitut ab. Sein erster Spielfilm EINE SCHWEDISCHE LIEBESGESCHICHTE wurde 1970 bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin mit vier Preisen ausgezeichnet. Sein zweiter Film, GILIAP, wurde 1976 im Rahmen der Quinzaine des Réalisateurs in Cannes präsentiert. 1975 begann er eine bahnbrechende Laufbahn als Werbefilmregisseur, die ihm acht Goldene Löwen in Cannes einbrachte. 1981 gründete er in Stockholm das Studio 24, um dort seine Filme frei produzieren und drehen zu können. Dort entwickelte er auch seinen einzigartigen Stil. Nach den Kurzfilmen NÅGONTING HAR HÄNT (1987) und WORLD OF GLORY (1991), für die er mit renommierten Preisen unter anderem in Clermont-Ferrand ausgezeichnet wurde, drehte er in seinem Studio SONGS FROM THE SECOND FLOOR, ausgezeichnet mit dem Spezialpreis der Jury bei den Filmfestspielen in Cannes 2000. Auf SONGS FROM THE SECOND FLOOR folgte 2007 DAS JÜNGSTE GEWITTER, der ebenfalls in Cannes Premiere feierte. Die Filme festigten seinen persönlichen Stil, der von langen Einstellungen und minutiös gestalteten Bildern, absurder Komik und überragender Menschlichkeit geprägt ist. 2009 wurde Andersson mit einer Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art geehrt, die nicht nur sein gesamtes künstlerisches Filmschaffen, sondern auch verschiedene seiner Werbefilme zeigte.
Filmografie2014 | EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH |
2007 | DAS JÜNGSTE GEWITTER |
2000 | SONGS FROM THE SECOND FLOOR |
1991 | WORLD OF GLORY (Kurzfilm) |
1987 | NÅGONTING HAR HÄNT (Kurzfilm) |
1975 | GILIAP |
1970 | EINE SCHWEDISCHE LIEBESGESCHICHTE |
Cast | |
JONATHAN | Holger Andersson |
SAM | Nils Westblom |
DIE HINKENDE LOTTA | Charlotta Larsson |
KÖNIG KARL XII | Viktor Gyllenberg |
DIE FLAMENCO-LEHRERIN | Lotti Törnros |
DER EINSAME LEUTNANT | Jonas Gerholm |
DER KAPITÄN / DER FRISEUR | Ola Stensson |
DER TÄNZER | Oscar Salomonsson |
DER HAUSMEISTER | Roger Olsen Likvern |
Crew | |
BUCH & REGIE | Roy Andersson |
KAMERA | István Borbás, Gergely Pálos |
SCHNITT | Alexandra Strauss |
PRODUKTIONSLEITUNG | Johan Carlsson |
SZENENBILD | Ulf Jonsson, Julia Tegström, Nicklas Nilsson |
Sandra Parment, Isabel Sjöstrand | |
TON | Robert Hefter FSS, Owe Svensson FSS |
MUSIK | Traditionelle Musik |
KOSTÜM | Julia Tegström |
MAKE-UP | Linda Sandberg |
CASTING | Sophia Frykstam, Zora Rux, Katja Wik |
Stig-Åke Nilsson, Andrea Eckerbom | |
KOORDINATION | Jane Ljung |
PRODUZENTIN | Pernilla Sandström |
KOPRODUZENTEN | Philippe Bober, Håkon Øverås |
AUSFÜHRENDE PRODUZENTINNEN | Sarah Nagel, Isabell Wiegand |
PRODUKTION | Roy Andersson Filmproduktion AB |
Ich bin der Überzeugung, dass jeder Film immer für sich allein stehen können muss. Sogar innerhalb des Films kann jede Szene unabhängig betrachtet werden. EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH hat 39 Szenen, und ich hatte den Ehrgeiz, dass jede davon dem Publikum eine künstlerische Erfahrung vermitteln kann. Insgesamt versucht der Film, die Zuschauer herauszufordern, ihr eigenes Leben zu betrachten, indem er fragt: „Was tun wir? Wohin gehen wir?“ Er soll zur Besinnung über unser Leben anregen, und zwar mit einem großen Stück Tragikomik, Lebenslust und fundamentalem Respekt für das menschliche Dasein. Meine Filme zeigen, dass die Menschheit sich potentiell in Richtung Apokalypse bewegt, aber auch, dass wir unseren Weg selbst in der Hand haben. EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH zeigt viele Traumszenen ohne weitere Erklärung, der Film ist deshalb auch übermütiger als meine früheren Filme, und von Lebenslust bestimmt, auch wenn die Figuren oft traurig sind und es gar nicht einfach haben.
Sie scheinen eine besondere Vorliebe für Vertreter zu haben: Die Figuren ihrer Filme verkaufen Kruzifixe, Kühlschränke und, wie in EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH, Scherzartikel. Ist das eine Art Selbstportrait?In gewisser Weise. Es kommt aus meiner Kindheit, von Familienmitgliedern, die Dinge verkauften. Aber ein Verkäufer zu sein ist so universell, es ist so ziemlich das, worum es im Leben geht. Verkaufen und Handeln ist die eigentliche Grundlage einer zivilisierten Gesellschaft, könnte man sagen. Ich muss Förderungen oder Fernsehsender überzeugen, dass etwas interessant und wichtig ist. Ich bin selbst ein Verkäufer, wie wir alle. Wir müssen uns selbst vermarkten und andere mit unseren Sachen und Ideen erreichen.
Und in ihrer ungleichen Beziehung stehen die beiden Vertreter für ein allgemeineres Phänomen, die Beziehung zwischen Unterdrücker und Unterdrücktem?Ja, das wird immer deutlicher. Vorhin habe ich mit meinem Kameramann István Borbás über das weit verbreitete Problem einer Gesellschaft mit immer weniger Solidarität gesprochen. Heutzutage muss man zuerst an sich selbst denken und seinen eigenen Gewinn maximieren, indem man andere übervorteilt. Ich will gar nicht über die schrecklichen Folgen dieses Verhaltens nachdenken. Es ist eine Katastrophe, ein Irrsinn, der den jungen Leuten den Glauben an das Gute austreiben wird. Ich hasse Erniedrigung, andere Menschen erniedrigt zu sehen und selbst erniedrigt zu werden. All meine Filme drehen sich irgendwie um Erniedrigung. Ich komme aus der Arbeiterklasse und habe gesehen, wie sich Verwandte vor ihren Vorgesetzen selbst erniedrigen, einen übertriebenen Respekt für Autorität zeigen, der ihnen unmöglich macht, ihre Meinung zu sagen und ihnen nur Schuldgefühle lässt. Das habe ich mein ganzes Leben lang erlebt, und ich habe beschlossen, dagegen zu kämpfen.
Und waren Sie bei diesem Kampf erfolgreich?Ja, in dem Sinn, dass ich nicht wie meine Großeltern bin und nicht das kleinste bisschen Angst vor den herrschenden Klassen habe. Aber ich werde mein Leben lang mit dieser Erniedrigung leben und mit dem Hass auf Autorität. Das ist auch der wichtigste Grund für die häufigen Karikaturen von Königen in meinen Filmen. Es ist eine Art Blasphemie gegenüber der Geschichte der herrschenden Klassen. In EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH gibt es auch eine präzise arrangierte Szene, in der ein schreckliches Verbrechen in einen fiktiven historischen Kontext gestellt wird. In der Kombination von Grausamkeit und Schönheit ist das fast eine Provokation. Ich beziehe mich auf die Massenvernichtungsszene gegen Ende des Films. Britische Kolonialisten treiben Sklaven in einen Kupferzylinder, und aus den letzten Schreien der Opfer entsteht eine langsame, wundervolle Musik. Für einen Künstler ist es wichtig, sogar notwendig, vorgefasste Meinungen durcheinanderzuwirbeln, daran zu rütteln, dem Gefühl von Schuld in der Welt etwas hinzuzufügen. Wir sollten uns immer noch schämen. Ich habe diese Szene seit 50 Jahren in meinem Kopf, und es befinden sich darin jede Menge historische Anknüpfungspunkte. Ich bin sehr glücklich, dass sie mir ohne Unterwürfigkeit oder Sentimentalität gelungen ist. In EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH gibt es einige Szenen dieser Art. Wenigstens habe ich versucht, zwischen dem Banalen und dem Essentiellen, dem Komischen und dem Tragischen eine große Spannung aufzubauen, aber sogar die tragischen Szenen beinhalten Energie und Humor. EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH ist von Anfang bis Ende komisch, emotional und voll positiver Energie. Aber von Zeit zu Zeit erlebt das Publikum auch Ausbrüche des Grauens. Die Spannbreite zwischen Humor und Schrecken ist sehr groß.
Ist dies der letzte Film von Roy Andersson?Nein, ich arbeite sogar schon an einem neuen Film. Der wird noch wilder, charmanter und reizvoller. EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH ist auch so, aber der nächste Film geht in seiner Wildheit noch weiter. Aber ich werde nie über das Wahrscheinliche und Mögliche hinausgehen. Meine Filme sind einer gewissen Praktikabilität verhaftet, einer Art stilisiertem Realismus.
Behalten Sie Ihren Stil bei, mit weiten Bildkompositionen und einer statischen Kamera, aufgenommen in einer einzigen Einstellung?Ja, diese Arbeitsmethode erlaubt mir, meine Figuren in dem Universum, das sie umgibt, zu verorten, anstatt sie zu isolieren. Ich kann Filme mit ständigen Schnitten, die die Handlung vorantreiben, noch nicht einmal sehen. Ich bin diesen visuellen Werten verpflichtet, um so Raum für eine offenere, demokratischere Komposition zu schaffen. Es gibt einen französischen Soziologen, Loïc Wacquant, einen Schüler von Bourdieu, den ich manchmal zitiere: Als er nach einem Aufenthalt als Gastprofessor in den USA nach Frankreich zurückkehrte, beschrieb er, was er als Phänomen des Amerikanischen empfunden hatte: „Die Feindseligkeit gegenüber dem klaren Denken.“ Ich hingegen betrachte meine Arbeit als Parteinahme für das klare Denken. Alles ist da, komplett ausgeleuchtet. Mit meinen Mitstreitern versuche ich, der „Feindseligkeit gegenüber dem klaren Denken“ den Kampf anzusagen.
Wenn es eine Verbindung zwischen den Figuren gibt, dann ist es ihre Verletzlichkeit, sie fühlen sich ihrem alltäglichen Leben sehr ausgesetzt. Sogar der König ist verletzlich, obwohl er, kraft Verfassung, nur Gott gegenüber verantwortlich ist und um sich herum totale Unterwürfigkeit erzeugt. Viele der Figuren haben auch Angst davor, ihr Gesicht zu verlieren, was natürlich nicht bedeutet, dass sie das verhindern könnten.
Sam und Jonathan Die beiden Handlungsreisenden für Scherzartikel verbindet eine Freundschaft der Gegensätze. Sie leben in einer Absteige, die an eine Anstalt erinnert. Das Geschäft ist hart, und beide streiten ständig. Sam, der das Sagen hat, ist oft rücksichtslos gegenüber Jonathan, der sehr zerbrechlich ist und sensibel auf die Mühen des Lebens reagiert. Sam und Jonathan stehen im Zentrum der Geschichte und verbinden die Erlebnisse der anderen Figuren.
Die Flamencolehrerin Roy Andersson: „Es war wichtig, eine Flamencolehrerin zu zeigen, weil auch Frauen sexuellen Missbrauch verüben können, obwohl es in diesem Fall eigentlich kein Missbrauch ist. Für mich geht es in der Szene vor allem um Begierde. Ich wollte zeigen, wie weit Menschen ihre Begierde sogar in der Öffentlichkeit treiben können.“
König Karl XII Der junge und kompromisslose schwedische König (1697–1718), posthum auch „der letzte Wikinger“ genannt, findet sich auf dem Weg ins russische Poltawa in trivialen Situationen wieder. Seine Darstellung ist ein ungewöhnliches Portrait, eine neue Sicht auf den Eroberer, die eine sensiblere und gewöhnlichere Seite des Monarchen zeigt.
Wir wollen den Menschen helfen, Spaß zu haben. Jonathan
Wir suchen eine Straße, die es nicht zu geben scheint. Sam
Ich habe Vampirzähne zum halben Preis im Angebot. Jonathan
Ist es denn sinnvoll, um diese Uhrzeit über so etwas nachzudenken? Der Hausmeister
Man kann doch nicht fühlen, was für ein Wochentag es ist. Ein Bürger
Previews | ||
03.12. | Kino Traumstern | Lich |
10.12. | Kino in der Kulturbrauerei | Berlin (in Anwesenheit des Regisseurs Roy Andersson) |
24.12. | Hackesche Höfe | Berlin |
28.12. | Thalia | Potsdam |
29.12. | Atelier | Düsseldorf |
29.12. | Cinema | Münster |
Ab 01.01. in folgenden Städten / Kinos: | |
Berlin: | Filmtheater am Friedrichshain |
Berlin: | Kulturbrauerei |
Berlin: | Moviemento |
Berlin: | Yorck |
Berlin: | Kant Kinos |
Berlin: | Hackesche Häfe |
Potsdam: | Thalia |
Dresden: | Schauburg |
Dresden: | Programmkino Ost |
Leipzig: | Passage |
Halle: | Puschkino |
Magdeburg: | Moritzhof |
Rostock: | LiWu |
Weimar: | Kommunales Kino mon ami |
Erfurt: | Kinoclub |
Köln: | Off Broadway |
Köln: | Odeon |
Düsseldorf: | Metropol |
Münster: | Cinema |
Aachen: | Apollo |
Essen: | Astra |
Wuppertal: | Cinema |
Bielefeld: | Lichtwerk |
Bochum: | Casablanca |
Dortmund: | Roxy |
Bonn: | Filmbühne |
Trier: | Broadway |
Krefeld: | Casablanca & Cinema |
Hamburg: | Zeise |
Hamburg: | 3001 OmU |
Hannover: | Kino im Künstlerhaus |
Bremen: | Schauburg |
Kiel | Kommunales Kino in der Pumpe |
Flensburg: | 51 Stufen |
Oldenburg: | Cine K |
Braunschweig: | Universum |
Lüneburg: | Scala |
Frankfurt/Main: | Harmonie |
Frankfurt/Main: | Mal Sehn Kino OmU |
Freiburg: | Friedrichsbau |
Saarbrücken: | Camera Zwo |
Karlsruhe: | Schauburg |
Kassel: | Filmladen |
Konstanz: | Scala |
Mannheim: | Atlantis |
Heidelberg: | Gloria |
Wiesbaden: | Caligari (nur 5.+6.01. ) |
Mainz: | Palatin |
Marburg: | Kammer |
Heilbronn: | Universum |
Aschaffenburg: | Casino |
Darmstadt: | Rex |
Pforzheim: | Kommunales Kino |
Lich: | Kino Traumstern |
München: | City |
München: | Studio Isabella |
München: | ABC |
Regensburg: | Regina |
Bamberg: | Lichtspiel |
Stuttgart: | Delphi |
Nürnberg: | Filmhaus Kino |
Augsburg: | Thalia |
Ingolstadt: | Union |
Tübingen: | Museum - Lichtspiele |
Ochsenfurt: | Casablanca |
Seefeld: | Breitwand |
Fürth: | Babylon |
Erlangen: | Lamm Lichtspiele |